Let it flow – richtig Downhill laufen

Downhill Technik?!

Für viele erschließt sich ein technischer Downhill am Berg ungefähr so schnell wie der Klimawandel dem Mittleren Westen in den USA. Die Hürde ist groß. Mit etwas Glück stellt sich der Erfolg nach ein paar Jahrhunderten ein…
Dabei wäre im Downhill so viel zu gewinnen. Denn dort verliert der Otto-Normal-Verbraucher im Vergleich zum Profi am meisten. Eine Analyse von Michael Arend Training hat ergeben, dass ihr im Schnitt in etwa doppelt so lange für den Weg nach unten benötigt. Grund genug also, sich die Sache einmal genau anzuschauen!

Downhill – Aber wo?

Und eigentlich ist es gar nicht so kompliziert, „artgerechte“ Trainingsbedingungen zu finden. Denn wenn wir uns auf einen technischen Downhill vorbereiten bedeutet das nicht, dass wir sofort 1.500 Höhenmeter in Angriff nehmen müssen. Und sicherlich habt auch ihr schon im näheren Umkreis technische Passagen im Wald entdeckt und seid schon einmal über eine Wurzel oder einen Stein gestolpert. Et voila, perfekte Bedingungen. Ich selbst kenne solche aus meiner Heimat, dem Siebengebirge in Bonn, oder auch aus der näheren Umgebung von Berlin. Und das ist das Schöne an der Technik. Wir können Sie fast überall trainieren und benötigen dafür nicht die Alpen, die Dolomiten oder den Kaukasus.

Worauf kommt es bei der Downhill Technik an?

Beim Downhill wollen wir insbesondere auf drei Aspekte achten:

  • Schnelligkeit
  • Krafteinsparung
  • Geringes Verletzungsrisiko

Die Schnelligkeit ist unser Ziel. Denn unterm Strich wollen wir in kürzester Zeit eine bestimmte Strecke zurücklegen. Das lässt sich vor allem erzielen in dem wir den Oberkörper leicht nach vorne lehnen sowie mit dem Mittel- oder Vorderfuß aufsetzen. Somit bremsen wir deutlich weniger ab, nutzen die Energie, absorbieren diese nicht unnötig und erhalten ultimativ Vortrieb. Eine hohe Krafteinsparung ist der schöne Nebeneffekt.

Im Gegensatz dazu würde uns eine nach hinten gelehnte Position des Oberkörpers deutlich an Tempo kosten. Zudem müssten wir viel Kraft für das Bremsen aufwenden. Das damit verbundene Laufen über die Ferse entzieht zudem die nötige Stabilität und bringt uns in Gefahr, wegzurutschen. Somit steigt auch das Verletzungsrisiko deutlich.

Selbstverständlich müssen wir darauf achten, uns nicht einfach blind nach vorne in den Hang zu werfen. Sind wir zu weit nach vorne gelehnt oder werden wir zu schnell, verlieren wir die Kontrolle. Das lässt sich insbesondere mit vielen kleinen Schritten vermeiden. Wo hierbei das richtige Maß liegt, ist auch ein wenig Ermessenssache. Ihr werdet sehen, dass ihr mit mehr Erfahrung auch eure Schritte im Downhill anpassen werdet. Seid euch dabei aber immer der Tatsache bewusst, dass vielen Schritte auch viel Kontrolle bedeuten. Mehr Schritte gleich mehr Optionen, Fehler zu korrigieren.

Ein besonders wichtiger Faktor in Bezug auf Geschwindigkeit ist der visuelle Fokus. Wenn ihr dauerhaft auf eure Füße oder direkt davor schaut, werdet ihr nie schnell laufen können. Je weiter ihr wiederum nach vorne blickt, desto mehr Geschwindigkeit ist möglich. Im Idealfall visiert ihr also, je nach technischem Anspruch, die Steine an, die in etwa zwei bis vier Meter vor euch liegen. Dadurch nehmt ihr automatisch an Fahrt auf. Mit der Zeit verstehen eure Füße, was zu tun ist. Vertraut ihnen und lasst sie machen. Die Steine oder Wurzeln, auf die ihr gerade tretet, habt ihr ja bereits ein oder zwei Sekunden zuvor anvisiert. Alles ist nur etwas zeitverschoben.

Lernphase

Dass diese Lernphase durchaus lange dauern kann, versteht sich von selbst. Selbst manche Topläufer haben auch nach Jahren noch so ihre Probleme mit der Technik und die Unterschiede sieht man im Wettkampf. Macht euch also nicht zu viel Stress. Denn auch der Angstfaktor ist nicht zu unterschätzen. Solltet ihr bis dato noch keine umfangreiche Erfahrung im technischen Gelände haben, ist das absolut normal.

Gebt euch selbst Zeit. Dadurch werdet ihr es ultimativ schaffen, während des Trainings weniger über jeden einzelnen Schritt nachzudenken und mehr nach Gefühl zu laufen. Je schneller ihr dabei werdet, desto mehr Balance werdet ihr auch erfahren. Ich selbst muss beim Wandern auf einem Grat deutlich mehr auf mein Gleichgewicht achten, als bei einem Lauf im selben Gelände. Das gilt selbstverständlich auch für verschiedene Tempo-Bereich im Downhill.

Das nächste Level

Wenn euch die zuvor beschriebene Lernphase noch nicht reicht, könnt ihr selbstverständlich auch den Expertenmodus einschalten.
Insbesondere die Arbeit mit den Armen wird es euch nämlich erlauben, entspannter den Berg runter zu laufen. Springt ihr beispielsweise von einem Stein, könnt ihr die Arme nach oben bewegen, wodurch ihr eine Flugphase mit deutlich mehr Kontrolle ermöglicht. Auch das grazile Umlaufen eines Hindernisses über einen Teil des Steilhangs kann euch Zeit sparen. Und eine kurze Schrittfolge beim Landen nach einem Sprung bringt bspw. eine sofortige Rückkehr der Kontrolle. Wir erinnern uns: mehr Schritte gleich mehr Kontrolle.

Haus- bzw. Naturaufgaben für besserere Downhill Technik

Die folgenden, relativ simplen Übungen werden es euch ermöglichen, schnelle Verbesserungen zu sehen.

  • Rhythmus
    Nutzt die Vorteile von Musik beim Laufen und sucht euch gezielt Songs aus, die einem bestimmten Rhythmus folgen. Dadurch werdet ihr leichter in den gewünschten Flow kommen und besser fokussieren können. Im Idealfall liegt der Rhythmus bei 180 bpm (beats per minute). Unsere Uphill Playlist für den richtigen Rhythmus findet ihr hier.
  • Der lange Weg
    Nehmt ab und zu einmal bewusst die anspruchsvollere Variante im Downhill. Überspringt den größeren Stein, lauft durch den Bach oder balanciert auf dem umgefallenen Baum. All diese Kontraste werden eure Wahrnehmung stärken und euch zu besseren Downhillern machen.
  • Optik
    Hebt bewusst das Kinn bzw. die Nase an, damit ihr automatisch weiter nach vorne schaut. Somit schult ihr den zuvor angesprochenen Fokus auf das Gelände, welches noch ein paar Meter vor euch liegt. Die Konsequenz wird sein, dass ihr schneller laufen könnt.

Geborene Downhill-Profis gibt es wenige. Macht euch also nicht zu viel Stress beim Training. Zum Glück lässt sich der technische Anspruch im Harz genauso integrieren wie in der Fränkischen Schweiz oder bei der Mecklenburgischen Seenplatte. Anspruchsvolle Downhills, und seien sie noch so kurz, findet man überall. Und sie können euch genauso gut auf ein Rennen in den Alpen vorbereiten wie die Alpen selbst.

Ihr wollt das Ganze in der Praxis lernen? Hier findet ihr unser Techniktraining.

Laafts gscheid!
Moritz

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