Ermüdung erkennen & verstehen – Teil II Energiehaushalt

Ermüdung – die Ursachen

Unser Energielevel/-verbrauch beim Sport ist abhängig von vielen Faktoren.

Zunächst ist unser individueller Körper zu beachten (Größe, Gewicht, Geschlecht, Alter). Ebenfalls wichtig ist unser Trainingszustand. Dazu kommen Parameter wie Belastungsdauer und Belastungsintensität. Logisch, wenn wir schneller laufen, verbrauchen wir mehr Energie. Auch die Wahl unserer Laufschuhe und Klamotten kann eine Rolle spielen (Einfluss auf Gewicht, Bewegungsfreiheit und Temperatur).

Und wenn das alles nicht schon reichen würde. Äußere Einflüsse spielen ebenfalls eine Rolle bei der Ermüdung.

Anscheinend gibt es dabei Einiges zu beachten.

Ermüdung und Energiehaushalt

Um Leistung erbringen zu können benötigt unsere Muskulatur Energie. Zwar oft weniger als wir vermuten würden, aber dennoch wird sie benötigt.

Zum Glück ist Energie bereits als Glukose (kleine Menge und schnell verfügbar) sowie Fett (große Menge und nicht so schnell verfügbar) im Körper gespeichert und wir können beide Quellen im Laufsport nutzen. Insbesondere bei sehr zeitaufwendigen Belastungen reichen diese Speicher allerdings nicht aus. Wir müssen demnach unsere Körper eigenen Energiereserven komplementieren, um nicht frühzeitig oder auffällig zu ermüden. So können wir unseren Energiehaushalt optimieren und der Ermüdung vorbeugen.

Was zunächst sehr simpel erscheint, Essen rein, Energie hoch, ist aber eigentlich gar nicht so trivial. Denn wenn wir uns belasten, reagiert unser Körper und pumpt das Blut dorthin, wo es gebraucht wird. Und das sind beim Laufsport nun mal vor allem unsere Beine. Dementsprechend wird unser Magen während des Trainings schlechter durchblutet und kann nicht normal „performen“. Die Konsequenzen sind das Zusammenziehen des Magens sowie eine schlechtere Verdauung.

Energiezuführung um Ermüdung frühzeitig zu vermeiden

Wir können dies allerdings teilweise umgehen, indem wir rechtzeitig und regelmäßig während der Einheit Kalorien zuführen. Wichtig ist, dass wir spätestens nach 40 Minuten damit beginnen und anschließend mindestens alle 20 Minuten eine kleine Menge nachlegen. Je nach Körper können wir so 30-60 Kcal an Kohlenhydraten pro Stunde zu uns nehmen. Ausnahmen von bis zu 100 Kcal sind dabei durchaus möglich. Das entspricht in etwa 2-4 Gels (ja nach Anbieter und Körpertyp). Diese Werte sind allerdings hoch individuell und mit Vorsicht zu beachten. Denn nicht wenige Ultraläufer ernähren sich bspw. auch bei Belastungen von mehr als 6 Stunden ausnahmslos von flüssigen Kalorien und greifen extrem auf die eigenen Fettreserven zurück, was ein hohes Maß an Training erfordert (körperlich sowie mental).

Ich verbrenne bspw. bei einem normalen Trainingslauf (Zone2, ca. 75% von maxHR) in etwa 750 Kcal pro Stunde. Bei einem Marathon im Renntempo sind es ca. 1.000 Kcal pro Stunde. Diese Menge an Energie, die ich bei einem Lauf verliere, kann ich also nicht 1-zu-1 während der Einheit ausgleichen und ich muss gezwungenermaßen ins Kalorien-Defizit. Zum Glück hat unser Körper genug Reserven. Zusammen mit gezielter Energie-Zufuhr kann extreme Ermüdung also lange vermieden werden.

Grundsätzlich kann man sagen: Ab einer Belastungsdauer von mindestens 1 Stunde können extra Kalorien sinnvoll sein. Ihr benötigt also bei einem 10 Km Lauf im Normalfall keine Gels o.ä. Ein wenig Wasser sollte in diesem Fall reichen. Wenn überhaupt.

Blutzuckerspiegel & Mineralstoffe

Wichtig ist, dass der Blutzuckerspiegel zwischenzeitlich nicht zu hochschießt. Ansonsten fällt man anschließend in ein Energie-Loch. Jeder kennt das. Wenn wir Hunger haben und ein Snickers essen, fühlen wir direkt danach ein hohes Maß an Energie, was allerdings nach 10-15 Minuten schon wieder abflacht und ultimativ unter das Niveau vom vor dem Snickers sinkt. Vor allem in einer Rennsituation kann das fatal sein.

Zuckerarten mit einem niedrigen glykämischen Index sind deshalb zu bevorzugen, da sie Energie langsamer und somit gleichmäßiger freisetzen. Die durch das Snickers ausgelöste Berg-Tal-Fahrt wird so verhindert.

Außerdem sind Mineralstoffe und teils Koffein bei langen Belastungen, bspw. einem Marathon, sinnvoll, um den Verlust bereits während der Einheit angemessen auszugleichen. So können wir Krämpfen vorbeugen und eine optimale Erholung einleiten. Vor allem für Leistungssportler ist das sinnvoll.

Und was macht nun Sinn? Hier ein paar Tipps:

  • Flüssigkeit
    • Immer einen Schluck trinken, wenn Kalorien zugefügt werden
  • Earlybird
    • Früh während der Einheit anfangen, zu essen, wenn länger als eine Stunde trainiert wird
  • Regelmäßigkeit
    • Regelmäßig Kalorien zuführen. Im Idealfall alle 20 Minuten
  • Kalorienmenge
    • 50 Kcal pro Stunde an Kohlenhydraten können die meisten von euch vertragen
  • Testen
    • Testen, testen, testen (Nicht jedes/r Gel, Sportdrink oder Riegel wird von jedem Magen vertragen)

Ermüdung & äußere Einflüsse

Wie zu Anfang erwähnt sind es nicht nur wir selbst, die Einfluss auf den Energiehaushalt haben. Dazu kommen verschiedene äußere Faktoren. Zwar ist nichts so relevant wie Trainingszustand und Intensität der Einheit, aber wir sollten die folgenden Punkte dennoch nicht außer Acht lassen.

Faktoren:

  • Temperatur
  • Luftfeuchtigkeit
  • Niederschlag
  • Luftwiderstand (Wind)
  • Höhe über Meeresspiegel
  • Terrain (Straße, Trail, Laufband etc.)
  • Profil der Strecke (Höhenmeter)
  • Abwechslungsreichtum der Strecke

So benötigen wir bspw. bei einem profilierten 40-Minuten-Lauf im leichten Gelände deutlich mehr Energie als bei einem flachen 40-Minuten-Lauf. Das gilt zumindest, wenn wir dabei dieselbe Distanz zurücklegen wollen.

Identische Läufe bei unterschiedlichen Temperaturen verbrauchen ebenfalls unterschiedlich viele Kalorien. Bei kühleren Bedingungen verbrauchen wir demnach deutlich mehr, da unser Körper den Temperaturverlust ausgleichen muss. Das Prinzip ist wie bei einem Ofen. Es muss mehr Holz/Energie nachgelegt werden, um die Temperatur gleichmäßig zu halten. Auch der Mineralstoffhaushalt ist stark von der Temperatur und somit von unserem Schwitz-Verhalten abhängig. Je mehr Flüssigkeit wir verlieren, desto mehr Mineralstoffe müssen wir nachlegen.

Interessant ist zudem, dass vor allem abwechslungsreiche Strecken einer Ermüdung vorbeugen können. Allerdings bezieht sich dies nicht auf den Energieverbrauch, sondern eher auf die mentale Ermüdung. Dazu kommen wir nächste Woche im dritten und letzten Teil dieser Serie.

Fazit

Es gibt einiges zu beachten und zu lernen, wenn wir während einer Laufeinheit einen optimalen Energiehaushalt anstreben. Es gibt unzählige Faktoren, die Einfluss darauf haben und eine perfekte Strategie ist nahezu unmöglich. Dabei kann man sich zudem nicht immer an allgemeinen Vorgaben orientieren und muss ausprobieren. Insbesondere die Art der Kalorien (Gel vs. Smoothie vs. Drinks vs. Banane vs. Nudeln etc.), die man während der Einheit zufügt und verträgt, variiert extrem. Ich laufe mittlerweile seit über 10 Jahren und habe auf langen Distanzen teils immer noch Probleme. Hoffentlich kriegt ihr es besser hin!

 

Laafts gscheid!

Moritz

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