Laufgadgets – Was braucht man? Was ist nice to have?

Wer einfach nur des Laufens Willen laufen geht, der braucht nicht viel. Doch neben der Minimalausstattung (Klamotten & Laufschuhe) gibt es viele weitere Gadgets für ein gezielteres Training. Aber welche machen Sinn? Und welche sind nur nice to have?

Gadgets: GPS-Uhr & Pulsgurt

Mittels Zeit, Distanz und Puls kann Training nahezu perfekt gesteuert werden. Deswegen sind bei Michael Arend Training GPS-Daten und Pulsmessung das absolute Minimum für eine sinnvolle Steuerung. Irgendwie muss ja kontrolliert bzw. angeschaut werden, was der Athlet umsetzt. Und nur auf das Gefühl und die Aussagen der Kunden zu vertrauen klappt halt nicht immer. Ich selbst habe oft das Gefühl, mit einem 4er-Schnitt dahinzugleiten und gleichzeitig steht auf der Uhr 4:30/km. Das mag immer noch schnell sein, macht aber für die Trainingssteuerung und meinen Coach einen himmelweiten Unterschied.

Natürlich gibt es immer Ausnahmen. Bewiesen hat das bis vor kurzem Deutschlands Rekordhalter über die Marathon Distanz (2:07:16), Amanal Petros. Ein absoluter Ausnahmeathlet, der sich partout weigerte bzw. zu faul war, eine GPS-Laufuhr zu tragen und seinen Trainer Tono Kirschbaum damit in den Wahnsinn trieb. Doch auch er scheint mittlerweile den Schritt gewagt zu haben.

Wie GPS und Puls gemessen werden ist dabei eigentlich egal. Hauptsache die Daten sind reliabel.

GPS

Selbstverständlich kommt hier fast immer die etablierte GPS-Uhr zum Einsatz. Anbieter gibt es genug auf dem Markt und die Qualität nimmt stetig zu. Die Uhren sind mittlerweile extrem leicht (bspw. Coros mit 30 Gramm) und stören, wenn überhaupt, nur noch, weil sie am Handgelenk ungewohnt sind. Preislich ist man schon bei ca. 100 Euro dabei und die Produkte bringen meist eine herausragende Lebensdauer mit sich. Ein Schuh, im Vergleich, muss bei notorischen Viel-Läufern schon nach 2-3 Monaten ersetzt werden, eine Uhr erst nach Jahren. Die Bezeichnung GPS ist heutzutage allerdings etwas irreführend. Denn es wird mit verschiedensten Satelliten gemessen. Neben GPS gibt es noch Galileo sowie Glonass. Durch die parallele Mehrfachmessung werden die Daten deutlich präziser. Doch im Gebirge mit engen Tälern und bei Intervallen auf der Tartanbahn stößt auch dieses System bisweilen an seine Grenzen. So werden im „Oval-Office“ (Tartanbahn) gerne einmal Kilometerzeiten angegeben, die 4-6 Sekunden von den objektiv gemessenen Rundenzeiten abweichen. Das macht für Profiläufer einen wichtigen Unterschied.

Pulsmessung

Dazu kommt die erwähnte Pulsmessung. Bedingung dafür ist die Bestimmung des individuellen Maximalpulses mittels eines Lauftests. So werden die individuellen Pulsbereiche bestimmt. Der klare Vorteil ist das Monitoring der kontinuierlichen Belastungen, damit das maximal sinnvolle Training bestimmt und Übertraining vermieden werden kann (bspw., wenn der Ruhepuls hochgeht). Ein Nachteil: Die Messung am Handgelenk ist noch lange nicht präzise genug. Deswegen funktioniert die Puls-Messung nach wie vor am besten über einen Brustgurt. Was die Genauigkeit angeht sind Polar und Garmin dabei federführend. Garmin ist zudem kompatibel mit Trainingpeaks, ein Programm, über welches bei Michael Arend Training alles gesteuert wird.

Powerdaten – Watt

Die Messung vom Energieumsatz über einen gewissen Zeitraum lässt extrem genaue Schlüsse für ein sinnvolles Training zu, ermöglicht die Bestimmung von Trainingsbereichen und veranschaulicht Ermüdung etc. Warum soll es also nur für Rennradfahrer geeignet sein? Wichtig ist bloß, dass auch diese Messung reliabel ist.

Der wohl interessanteste Vorteil der Wattmessung ist die Tatsache, dass sie immer direkt messbar ist. Der Puls hingegen passt sich teils erst nach Sekunden oder sogar Minuten der Anstrengung an, Watt wird ab Sekunde eins präzise der Anstrengung entsprechend gemessen. Die Anzahl der Bodenberührungen pro Minute, welche bei 90 pro Fuß als ideal gilt, verändert sich bei Bergläufen oft stark und lässt somit ebenfalls kaum präzise Schlüsse für Bergläufer zu. Watt aber kann unabhängig von Terrain und Gefälle genutzt werden. Übrigens: Der Einsatz von Stöcken stellt kein Problem für die Wattmessung dar und verfälscht diese nicht im Geringsten.

Gadgets zur Wattmessung

Der Bonus. Das System entwickelt sich stetig weiter. Selbst Uhren messen Watt mittlerweile relativ genau. So können bereits Polar und Coros mit ihren neuen Produkten die Watt-Zahl ohne extra benötigte Geräte liefern. Garmin probiert es derzeit über die Brustgurte, die parallel den Puls messen. Beide Technologien scheinen allerdings noch nicht ganz ausgereift zu sein und bringen nur bedingt verlässliche Zahlen.

Deshalb lohnt die Investition in einen STRYD. Diese Option der Wattmessung mittels eines nur 8 Gramm schweren Sensors am Fuß ist mit Abstand am genauesten. Der Preis liegt aktuell bei 229 Euro (UVP) und ist somit immer noch irgendwie erschwinglich. Der große Vorteil: Das System ist mit allen großen Sportuhrmarken kompatibel. Zudem ist der Sensor wasserdicht und lässt sich immer und überall einsetzen. Man befestigt diesen leicht an der Schnürung. Den ein oder anderen Läufer könnte das allerdings am Fußrücken stören.

Gadgets: Nice-To-Have

Natürlich können Lauf-Uhren mittlerweile noch viel mehr. Sie nehmen fast alles auf, was irgendwie interessant sein könnte. Diese Werte beinhalten die erwähnten Größen wie Distanz, Zeit, Puls und Watt. Auch Schrittlänge, Vertikalbewegung, Bodenkontaktzeit, Anzahl der Bodenberührungen, Sauerstoffsättigung im Blut etc. können gemessen werden, sind aber doch eher unwichtig für eine präzise Trainingssteuerung. Nur nice to have also. Dazu kommt: Je mehr Daten man hat, desto schneller kann man sich darin verlieren. Deswegen lohnt sich auch die Arbeit mit einem professionellen Trainer, der/die bei der Analyse geschulter ist und sinnvollere Schlüsse daraus ziehen kann.

Laufeffizienz

Zudem sind über die Jahre erstellte Normen dieser weiteren Messgrößen nicht immer zielführend. Wenn man diverse Topsportler wie bspw. Jim Walmsley beobachtet, sieht man regelmäßig hohe Abweichung von der sogenannten idealen Norm. Jim hebt nahezu bei jedem Sprung in Richtung Himmel ab und scheint, viel Energie zu verschwenden. Aber es funktioniert. Zudem gibt es zahlreiche Weltklasse-Athleten, die deutlich unterschiedliche Bodenkontaktzeiten der beiden Füße haben. Ob sie bei einer Umstellung auf Idealmaß noch schneller wären? Wahrscheinlich nicht.

Navigation

Neben den Messfaktoren für die Laufbewegung gibt es mittlerweile die Navigation mittels topografischer Karten auf dem Uhrdisplay sowie eine Unwetterwarnung bei Druckabfall. Diese Entwicklung kann für Trailläufer extrem hilfreich sein, insbesondere wenn man sich im Gebiet nicht auskennt. Dazu kommt die Option, über die Uhr und Internet-unabhängig, Musik per Bluetooth abspielen zu können. Das kann bei harten Einheiten den wichtigen Unterschied der Motivation ausmachen. Nötig für ein gezieltes Training sind diese Entwicklungen allerdings ebenfalls nicht.

Smartwatch

Des Weiteren lässt sich per Lauf-Uhr bezahlen, die Schlaferholung messen, ein Foto als Displayhintergrund installieren, das Armband in ein pinkes tauschen sowie eine Trinkerinnerung vor programmieren. Obwohl ich es teils nutze, halte ich das alles persönlich für eher unwichtig.

Relevanter ist da schon eher die Akkulaufzeit. Lässt man einmal die 100-Meiler außen vor, reicht der Akku bei allen Uhren für Normalläufer aus. Und ist man einmal auf 100 Meilen unterwegs und hat nicht das ausdauernste Modell zur Hand, lassen sich viele Uhren auch während der Nutzung mittels einer Powerbank laden.

Sonstige Gadgets

Über die Jahre sind viele weitere Entwicklungen auf den Markt gespült worden. Die meisten davon sind entweder so irrelevant oder dämlich, dass wir sie nicht erwähnen müssen. Eine Ausnahme dabei macht der Footpod. Dieses kleine Ansteck-Gadget kann zur Messung der Laufeffizienz genutzt werden und ist je nach Modell mit verschiedenen Lauf-Uhren sowie Swift kompatibel. Leider sind auch hier die Messwerte nicht immer ganz zuverlässig und die Verbindung zum gekoppelten Gerät lässt bisweilen zu wünschen übrig. Bestes Beispiel dafür war vor kurzem der beeindruckende 100-KM-Laufband-Weltrekord von Florian Neuschwander. Das über einen extra Sensor mit Zwift gekoppelte Laufband zeigte Flow bisweilen als stehenden Protagonisten im digitalen Raum, während er mit über 15 km/h über das Laufband ballerte. Eher keine Empfehlung für diese noch recht neue Technik.

Blick in die Zukunft

In den kommenden Jahren wird die Entwicklung wohl eher dahin gehen, dass sich zunächst die etablierten Technologien verbessern und ausreifen. Beispiele dafür sind Solarpower zur Verlängerung der Akkulaufzeit sowie multiple Kopplungseigenschaften der Geräte mit Apps von anderen Anbietern. Ein wirklicher Game-Changer ist allerdings nicht zu erwarten. Neue Technologien gibt es aber durchaus. Ein zumindest interessantes Beispiel stellt die Glukosespiegel-Messung über Pflaster inkl. Nadel (Super Sapiens) am Arm dar. Inwiefern dieser Messwert anschießend sinnvoll zur Trainingssteuerung genutzt werden kann, gilt es allerdings noch zu definieren. Eine weitere Entwicklung stellt Humon Hex dar. Dieses Gerät, welches wie eine Kapitänsbinde beim Fußball am Oberarm getragen wird, misst die Sauerstoffsättigung. Mal abwarten.

Aktuell gilt: Habt ihr eine relativ neue GPS-Uhr inkl. Brustgurt zur Pulsmessung seid ihr ausreichend für ein sinnvolles und gezieltes Training aufgestellt. Dabei müssen nicht zwingend viel mehr als 100 Euro investiert werden.

Laafts gscheid!

Moritz

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