Körpergewicht und die sportliche Leistung

Körpergewicht

Welchen Einfluss hat unser Körpergewicht auf die sportliche Leistung? Gibt es so etwas wie das Idealgewicht des Läufers? Lohnt die Maxime der Gewichtsoptimierung? Hier ein paar Gedanken, erwachsen aus Erfahrung.

Was uns zu einem (sehr) guten Läufer macht

Vorab: Zahlreiche Faktoren spielen für unsere Leistung eine Rolle. Unser Gewicht ist nur einer davon!

Dazu kommen Equipment, Wetter, Muskelmasse, Erfahrung, mentale Stärke, die damit verbundenen intrinsischen sowie extrinsischen Motivationsfaktoren, Tagesform, Regeneration, das Essen der letzten 48h, Training etc.

Wir sehen also, dass wir uns grundsätzlich nicht darauf versteifen sollten, unser Körpergewicht aufs Gramm zu optimieren. Eine Gewichtssteuerung ist für Profiathleten sicherlich sinnvoll. Den meisten von uns allerdings wird es im Alltag eher als Stressor begegnen und kann teils mehr negative Aspekte mit sich bringen als positive. Wenn man andauernd damit beschäftigt ist, sein Gewicht zu kontrollieren und sich aufgrund von kleinsten Schwankungen evtl. den Nachtisch verkneift, kann das zu erheblichem mentalen Stress führen. Und aus Erfahrung kann ich sagen, dass Stress uns weiter zurückwerfen kann, als uns ein ideales Gewicht nach vorne bringt.

Denn nichts ist wichtiger als eine gesunde und wache Psyche. Nicht zuletzt deswegen ist der Schlaf so wichtig für uns. In der Nacht erholen wir uns. In der Nacht finden Reparaturprozesse statt, im Körper sowie im Hirn.

Körpergewicht – Der Fakten-Check

Fakt ist, leichte Läufer laufen schneller. Natürlich nur, wenn sie auch trainieren. Wer nicht aktiv wird, bringt logischerweise keine Leistung.

Bei geringerem Gewicht wird, rein physikalisch, unser Last-Kraft-Verhältnis besser. Wir müssen weniger Gewicht bewegen und sparen somit Kraft, die wir wiederum in die schnellere Fortbewegung investieren können. Das ist vor allem bergauf relevant und betrifft Trail-Läufer deshalb umso mehr.

Fakt ist auch, dass sich unser Körper automatisch verändert, wenn wir viel trainieren. Ich selbst habe vor meiner aktiven Laufzeit (bis etwa 2008) fast 80 kg gewogen. Bei einer Körpergröße von nur 1.74 m fällt das durchaus ins Gewicht. Wirklich dick war ich nie, aber durchaus kräftig, mit relativ wenig Muskelmasse. Über die danach folgenden 3-4 Jahre habe ich, ohne es zu forcieren, ca. 15 kg abgenommen. Der Gewichtsverlust kam relativ langsam, natürlich, und über Jahre hinweg. Meine Umfänge stiegen, so auch der tägliche Kalorienverbrauch. Die sukzessive Anpassung hat es meinem Körper ermöglicht, auf eine gesunde Art und Weise Richtung Läuferstatur zu tendieren.

Fett vs. Muskel

Das war gesund und hilfreich. Denn je schneller wir abnehmen, desto höher ist die Gefahr, dass wir lediglich Muskelmasse abbauen und nicht Fett. Das allerdings bringt uns, sportlich und gesundheitlich gesehen, kaum weiter. Wer sich wiederum Zeit nimmt, verliert auf Dauer das unnötige Fett und nutzt die Muskelmasse sinnvoll.

Die Annäherung an ein optimiertes Läufergewicht hat zwar viel mit Bewegung und Sport zu tun, allerdings noch mehr mit Ernährung. Welche Faktoren hier besonders eine Rolle spielen, besprechen wir im nächsten Blogbeitrag.

„Idealgewicht“ vs. Wohlfühlgewicht

Wie bereits thematisiert, optimieren wir mit einem niedrigeren Gewicht unser Last-Kraft-Verhältnis. Lässt ein geringeres Gewicht demnach konsequent auf eine höhere Leistung schließen? Natürlich nicht.

Wir alle kommen ultimativ an einen Punkt, wo das Verhältnis kippt. Und nehmt meinen Hinweis an, es lohnt sich nicht, diesen Punkt zu finden. Selbstverständlich kommen wir mit weniger Masse schneller den Berg hoch. Aber das Spiel mit dem Gewicht ist riskant.

Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass es in der Tat so etwas wie ein Idealgewicht und ein Wohlfühlgewicht gibt. Je sportlicher und normalgewichtiger wir sind, desto genauer nehmen wir unseren Körper war, können Hunger von Appetit unterscheiden, achten auf Wasserhaushalt und eine gesunde Ernährung. Das ermöglicht die Annäherung an ein Wohlfühlgewicht, dass wir relativ problemlos halten können, ohne uns wiegen zu müssen. Klar zu trennen ist das von unserem „Idealgewicht“. Ich setze es bewusst in Anführungszeichen, da dieses Gewicht, wenn überhaupt, nur für den sportlichen Wettkampf ideal sein kann. Meistens müssen wir dafür regelmäßig kontrollieren und unsere Nahrungsaufnahme reduzieren. Ein schmaler Grat, der für Hobbysportler absolut keinen Sinn macht.

Interessant dabei ist, dass Wohlfühlgewicht und „Idealgewicht“ oft nicht weit auseinanderliegen. Bei mir persönlich reden wir von ca. 2 kg. Und ja, im Wettkampf hat es mir evtl. schon einmal den entscheidenden Faktor gegeben. Aber das kann genauso schnell ins Negative umschlagen. Im Profisport lassen sich genug Beispiele von Läufern beobachten, die rein visuell unterernährt sind. Das geht oft eine Weile gut und (schier unmögliche) Leistungen werden erbracht. Doch irgendwann kippt das Gleichgewicht, man fühlt sich schlapp, ausgebrannt, Verletzungen treten auf. Auch Übertraining ist wahrscheinlicher, da unser Körper bei Mangelernährung und Stress deutlich weniger Nährstoffe aufnimmt. Sportliche Leistung kann so nicht weiter erbracht werden.

Körpergewicht und Körpertypen

Um sich ein wenig der Maxime der Gewichtsoptimierung zu entziehen, lohnt sich ein Blick auf verschiedene Körpertypen.

Analysiert man bei einem großen Stadtmarathon einmal, wie auffällig unterschiedlich die Läuferinnen und Läufer ausschauen, die in etwa um die 3h-Marke ins Ziel laufen, stellt man ein Idealgewicht schnell in Frage. Dabei ist alles zu beobachten. Von 100-kg-Männern mit starker Muskelmasse über leicht Übergewichtige bis hin zu zierlichen Frauen, die kaum austrainiert wirken.

Ja, im Hochleistungsbereich sieht das natürlich anders aus, und 99% der Athleten haben ein ähnliches Körperprofil. Aber diese Sportler stellen nun mal nur 0,1% der Masse dar. Und auch hier gibt es Unterschiede, insbesondere bei Trail-Athleten.

Schaut euch einmal Jim Warmsley im Vergleich zu Dimitry Mityaev an. Unterschiedlicher könnten zwei Athleten kaum ausschauen, die beide Distanzen von um die 80km bevorzugen. Der eine rank und schlank wie eine Bohne, der andere gedrungen und muskelbepackt als wären seinen Oberschenkel für 1.000-Meter-Bahnradrennen gemacht.

Würden wir uns an den oft proklamierten BMI-Richtlinien orientieren, fielen wahrscheinlich beide aus dem Raster. Grundsätzlich würden nach BMI viele Ausdauersportler als leicht bis mittelstark untergewichtig gelten. Nicht nur die Profis. Viel wichtiger ist allerdings das Verhältnis von Gesamtgewicht und Muskelmasse, welches beim BMI nicht berücksichtigt wird. Denn hier werden unterschiedlichste Körpertypen mit einem gesunden Wert angegeben, insofern sie über ein adäquates Maß an Muskelmasse verfügen. Das wiederum spricht für eine gesunde und ausgewogene Körperstatur.

Fazit

Wir kommen nicht um die Tatsache herum, dass ein geringeres Gewicht auch eine höhere Leistung verspricht. Die Grenze zum Untergewicht ist allerdings fließend , und es lohnt sich nicht, diese auszuloten.

Meiner Meinung nach kann unser individuelles Wohlfühlgewicht unser Idealgewicht sein. Prämisse dafür ist lediglich ein gesundes Körperempfinden und die Bereitschaft sowie Sensibilität, dass wir auf körpereigene Signale wie Hunger hören und nicht sinnlos agieren.

Dann, und nur dann, kann Gewichtsoptimierung in Maßen sinnvoll für Jedermann/-frau sein, um die eigene Leistung zu verbessern.

Schon gesehen? Hier gibt’s unsere Trainerstunde zum Thema “Gewichtsmanagement”.

Laafts gscheid!

Moritz

 

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