Propriozeptives Training für Trailläufer

Propriozeptives Training – Wissenschaftliche Einordnung

In Anlehnung an unseren Blog-Beitrag über das koordinative Krafttraining soll es heute um das propriozeptive Training gehen.

Warum in Anlehnung fragt ihr euch? Das ist schnell erklärt. Denn propriozeptives Training fördert unser Gleichgewicht sowie unsere Reaktionsfähigkeit. Der Unterschied zum koordinativen Krafttraining besteht lediglich darin, dass wir mehr auf die Karte Wahrnehmung setzen und uns bei den Übungen weniger auf eine kraftvolle Variante fokussieren.

Die Propriozeption beschreibt also unsere Fähigkeit, den eigenen Körper im Verhältnis zu äußeren Einflüssen wahrzunehmen und einzuordnen.

Propriozeption ist weiterhin als Teil der Sensomotorik zu betrachten. Darunter verstehen wir die Aufnahme und Verarbeitung von Reizen (Sensorik), sowie die Reaktionen darauf in Form von Bewegungen (Motorik). Während die übergeordnete Sensomotorik alle Sinneswahrnehmung wie bspw. Ohren und Augen mit einbezieht, beschreibt die Propriozeption lediglich unsere Wahrnehmung über Rezeptoren wie Muskeln, Sehnen oder Bänder. Es geht also um unsere innere Wahrnehmung.

Im sportwissenschaftlichen Sinne ist das propriozeptive Training ein Teil der noch relativ jungen Neuroathletik. Hier werden Reize gesetzt, die von unserem Nervensystem verarbeitet werden. Dadurch optimieren wir die Abstimmungen innerhalb unseres Körpers. Ziel dabei ist es, unser Reaktionsvermögen in verschiedensten Situationen zu stärken. Das ist in Bezug auf die Art der Reaktion sowie auf die Geschwindigkeit zu verstehen.

Wo besteht Verbesserungspotential?

Wie wir bereits gelernt haben, schult propriozeptives Training die Wahrnehmung über unseren Körper im Verhältnis zu verschiedensten Umwelteinflüssen. Es handelt demnach von der tiefen Eigenwahrnehmung.

Insbesondere die folgenden Eigenschaften lassen sich damit konkret optimieren:

  • Die Stabilität des Körpers
  • Die Verarbeitung von Reizen (Effizienz und Effektivität)
  • Geschwindigkeits- und Raumorientierung
  • Neuromuskuläre Fähigkeiten

Dass sich die Arbeit lohnt, sollte klar sein. Auch, wenn das direkte Training auf den Trails natürlich nicht ersetzbar ist. Wir alle sind schon einmal über Steine gestolpert, haben unser eigenes Tempo bei Kurvenlage falsch eingeschätzt, oder konnten im technischen Gelände nicht mehr stabil und sicher laufen. Für alle diese Situationen ist propriozeptives Training Gold wert. Denn es kann unter abgeschwächten Bedingungen zu Hause effektiv umgesetzt werden.

Was ist die Zielstellung beim propriozeptiven Training?

Unterm Strich ermöglicht uns das propriozeptive Training, komplexe Bewegungen unter dem Einfluss von äußeren Reizen wie Gegenspieler oder Regen im Sport besser umzusetzen. Insbesondere bei technisch anspruchsvollen Sportarten, oder welchen mit Gegnerkontakt, ist es besonders hilfreich.

Es dient zudem der Verletzungsprophylaxe, da wir mittels der propriozeptiven Fähigkeiten Gefahrensituation umgehen bzw. diese besser meistern können. Erleiden wir doch mal eine Verletzung kann gezielt eingesetztes propriozeptives Training den Heilprozess zudem extrem beschleunigen.

Propriozeptives Training – der klare Vorteil für Trailläufer

Und ja, propriozeptives Training ist auch für uns Trailläufer immens hilfreich!

Wenn du auf einem Trail über einen Stein oder eine Wurzel stolperst, machst du eine Ausgleichsbewegung bzw. einen Ausfallschritt, um dich abzufangen. Bist du sehr schnell unterwegs, nutzt du in der Not eventuell deine Arme bei deiner Notlandung. Alle diese Schutz- und Auffangmechanismen sind natürlich das Resultat deiner propriozeptiven Fähigkeiten. Innerhalb von Millisekunden nimmst du die Störung wahr und reagierst. Je besser deine Reaktionsfähigkeit, desto eher vermeidest du in diesem Fall eine Verletzung.

Natürlich können uns unsere propriozeptiven Fähigkeiten auch ermöglichen, ein Hindernis oder Solperstein direkt zu umlaufen oder auch darüber zu balancieren. Vermeidung ist sicherlich immer schlauer als Bewältigung.

Als Trailläufer können wir immens davon profitieren, da sich auf Trails innerhalb von Sekunden die Bedingungen ändern können. Ein Waldweg wird zum Trail. Ein Trail wird zum schmalen Grat. Auch unterschiedliche Lichtbedingungen im Wald vs. im Freien können uns fordern. Dazu kommt ein Wetterumschwung am Berg, welcher bspw. die Sicht einschränkt und einen Kälteeinsturz mit sich bringt. All das verlangt unserer Wahrnehmung und der Steuerung der Gliedmaßen viel ab.

Und genau das ist der Unterschied zum Straßenlauf. Aber egal wo und wie wir laufen, propriozeptives Training hilft uns, unseren Körper und damit auch unsere Muskeln sowie Energiereserven effizienter zu nutzen. Wir werden zu einem besseren Athleten. Fine-Tuning ist das Stichwort.

Wer propriozeptiv stark und geschult ist, spart bspw. effektiv im Wettkampf Energie, die er/sie in Geschwindigkeit umsetzen kann.

Übungen

Grundsätzlich kann man sich an den Übungen des koordinativen Krafttrainings orientieren. Bei der Ausübung sollte aber eher auf eine balancierende und reaktionäre Ausführung, als auf eine kraftvolle geachtet werden.

Als Hilfsmittel können Balance-Boards, Gymnastikbälle oder auch Therabänder eingesetzt werden.

Zur Verfeinerung und für einen höheren Anspruch in der Ausführung kann einzelne Übungen alternativ mit geschlossenen Augen, barfuß oder auch einbeinig durchgeführt werden.

Viel Zeit benötigt ihr übrigens nicht. 1-2x pro Woche für 10-15 Minuten sollten in Addition zum Krafttraining völlig ausreichen. Und in diesem Fall gilt sogar: einmal ist besser als keinmal.

Tipp

Selbst Übungen, die nur mit den Augen oder auch der Zunge ausgeführt werden, können unsere propriozeptiven Fähigkeiten extrem stärken. Deshalb mein Lese-Tipp: Training beginnt im Gehirn: Mit Neuroathletik die sportliche Leistung verbessern. Von Lars Lienhard.

 

Laafts gscheid!

Moritz

Kommentar verfassen