Trainingsroutine – Warum ist das wichtig?

Warum ist Routine im Training so wichtig? Beim Ausdauerläufer sprechen wir hier praktisch vom täglichen Schwitzen. Weshalb mehr als die drei intensiven und/oder umfangreichen Einheiten pro Woche? Diese bringen doch bekannter Weise den wirklichen Nutzen. Wozu die vielen langsamen Kilometer? Wir wollen doch schnell sein.

Schauen wir uns das einmal an!

Kontinuität und Routine

Kontinuität und Routine werden oft kongruent verwendet. Dabei besteht ein wichtiger Unterscheid zwischen den beiden Termini.

Während Kontinuität im psychologischen Sinne lediglich bedeutet, dass etwas dauerhaft umgesetzt wird, steht Routine für das nicht mehr in Frage stellen dieser Umsetzung. Routine ist also die Erweiterung vom konsistentem Verhalten. Denn erst, wenn wir etwas automatisiert durchführen, können wir es perfektionieren. Nicht umsonst sprechen viele von der sogenannten 10.000-Stunden Regel. Führt man eine Tätigkeit für mindestens 10.000 Stunden durch, hat man sie demnach nahezu perfektioniert.

Ein weiterer Vorteil von Routine ist, dass sich Kontinuität so deutlich besser ertragen lässt. Denn je weniger Energie wir für etwas aufwenden müssen, sei es psychologisch oder physiologisch, desto mehr können wir uns mit anderen Angelegenheiten beschäftigen oder einfach nur abschalten. Ich z.B. denke beim Laufen oft über gar nichts nach. In meinem Kopf herrscht wunderbare Leere, während ich mit ca. 15 km/h durch die Gegend renne. Die Macht der Routine.

Die Macht der Routine

Nicht nur wir als handelnde Personen profitieren von Routine; wie bspw. beim alltäglichen Aufstehen: Raus aus dem Bett, Kaffee trinken, kurz auf die Toilette und dann ab auf die Arbeit. So kennen wir es und stellen es nicht in Frage. Auch unser Körper ist es „gewohnt“, bestimmte Dinge einfach zu tun. Je öfter er eine Aufgabe vollbringen muss, desto leichter ist die Ausführung. Es wird zur Gewohnheit, zur Routine.

Es findet also eine Art Anpassung statt. Beim Aufstehen ist es vor allem die mentale Komponente, die uns nach einem gewissen Zeitraum den Morgen routiniert durchlaufen lässt. Aber auch der Körper passt sich an. Sobald der Kaffee leer getrunken ist, können die meisten auch schon „etwas“ erledigen! 

Beim Laufen verhält es sich ähnlich. Im Idealfall erleben wir dabei sowohl eine mentale als auch körperliche Anpassung. Wenn das tägliche Binden der Laufschuhe nicht mehr in Frage gestellt wird und der Körper 10 bis 20 KM problemlos Tag auf Tag abspult, dann haben wir es spätestens geschafft. Laufen ist zur Routine geworden.

Doch wie lange dauert es eigentlich bis eine Angewohnheit, bspw. das Laufen, wirklich automatisiert wird? Laut einer Studie benötigen wir dafür im Schnitt ca. 66 Tage (siehe Blog zur Motivation). Egal ob es um das Zähneputzen, gesundes Kochen oder Laufen geht. Im Schnitt wohl gemerkt! Das bedeutet leider auch, dass einige von euch deutlich länger benötigen, die Ausführung einer Tätigkeit so zu verinnerlichen, dass diese grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt wird. Ich frage mich demnach nicht mehr, OB ich heute Laufen gehe, sondern lediglich WANN ich es tue.

Talent vs. Kontinuität

Natürlich macht nicht nur ein kontinuierliches Training einen guten Läufer. Viele weitere Faktoren spielen mit rein, wie bspw. das gegebene Talent. Doch so sehr es uns auch weiterbringt. Der talentierteste Läufer wird niemals zur Weltspitze vorstoßen, wenn er Laufen nicht zu seiner Routine macht. Kontinuität ist also unabdingbar!

Selbstverständlich kann es auch ein Talent sein, sich neue Tätigkeiten schnell zu eigen machen zu können. Die zuvor erwähnten 66 Tage sind ja das Mittel. Somit finden einige von uns auch deutlich schneller den Schlüssel und müssen sich evtl. schon nach ein paar Wochen nicht mehr großen Anstrengungen unterwerfen, um Laufen zu gehen. Sowohl mental als auch körperlich. Kontinuität wiederum wird es einem talentierten Läufer erst ermöglichen, sein Potential wirklich auszuschöpfen.

Demnach sollte man Talent also nicht notgedrungen getrennt von Kontinuität sehen. Die beiden können eins sein bzw. sich gegenseitig unterstützen.

Und nun zum Sport

Rein physiologisch gesehen:

Kontinuität im Training bewirkt Anpassungen im Körper, insbesondere auf muskulärer Ebene. Das wiederum lässt uns ökonomischer laufen, was bedeutet, dass wir weniger Energie benötigen um ein bestimmtes Tempo zu laufen als zuvor und unser Puls niedriger bleibt. Insgesamt werden wir bzw. unser Körper also weniger gefordert. Mental verhält es sich ähnlich.

Dabei kann vor allem jahrelanges Training eine besondere Leistungssteigerung bringen. Bei relativ identischem Training habe ich so nach ca. vier bis fünf Jahren nochmal eine deutliche Leistungssteigerung wahrgenommen. Der Grund kann nur eine Tiefenanpassung im Körper gewesen sein, die sich erst nach Jahren eingestellt hat.

Kontinuität mit schlauen Pausen

Doch bspw. jahrelanges und simples Streak-Running bringt euch ebenfalls nicht weiter. Zumindest nicht, wenn ihr das Beste aus euch rausholen wollt.

Zwei konkrete Beispiele:

  1. Einmal pro Woche drei Stunden Krafttraining am Stück sind nahezu sinnlos im Vergleich zu dreimal einer Stunde
  2. Zehn Läufe in 14 Tagen sind deutlich sinnvoller als 10 Läufe in 28 Tagen, um am Ende am fittesten zu sein (reine Mathematik)

Ihr seht also, es bedarf einer fein austarierten Balance zwischen Belastung und Entspannung. Diese Balance ist stark individuell und somit kann ein kontinuierliches Training bei jedem Sportler anders ausfallen.

Kontinuierliche Reize verlangen dem Körper deutlich mehr Anpassungsprozesse ab als eine lange intensive Einheit. Vereinzelte Höchstleistungen werden vom Körper so eher als irritierende Begleiterscheinung betrachtet und aktivieren weniger Verbesserungen. Denn euer System geht in dem Fall nicht davon aus, dass es zeitnah wieder eine ähnliche Leistung erbringen muss. Die Pausen sind zu lang.

Nichtdestotrotz benötigt unser Körper Pausen. Das ist klar. Und während eine zulange Pause eure Entwicklung rückläufig gestaltet, können gezielt gesetzte Ruhephasen erst das Beste aus euch machen.

Für Anfänger

Am Anfang ist es natürlich wichtig, dass ihr euren Körper nicht überfordert. Ansonsten treten schnell Verletzungen auf. Auch das ist übrigens eine positive Begleiterscheinung von schlauem konsistenten Training: Euer Körper wird resistenter Belastungen ggü., eure Sehnen, Bänder etc. werden gestärkt, ihr werdet als Ganzes belastbarer.

Das liegt zum einen am Mikrozyklus. Bei 10 km Laufen macht ihr tausende Schritte. Das wiederum triggert tausende Muskelkontraktionen, was tausende Stressmomente auslöst, die ultimativ tausende körperliche Reaktionen hervorrufen. Die vorher erwähnten Anpassungsprozesse.

Zum anderen liegt es am Makrozyklus. Die wiederkehrenden Läufe mehrmals pro Woche, welche von schlauen Ruhephasen (über Nacht oder ganzer Ruhetag) getrennt werden, triggern den Anpassungsprozess immer wieder erneut.

Sobald ihr eine Grundausdauer aufgebaut habt, also nicht mehr nach nur wenigen Minuten oder Kilometern außer Atem seid, lohnt sich der Fokus auf längere aber lockere Läufe. So baut ihr weiter Kondition auf. Zu diesem Zeitpunkt benötigt ihr noch keine Intervalle oder Tempoläufe, da der reine Ausdauer-„Stress“ schon genug Anpassungen im Körper hervorruft. Irgendwann kommt es hier allerdings zu einer Art Plateau und der Reiz der reinen Ausdauer reicht nicht mehr aus, um euch besser zu machen. Anschließend kann mit intensiven Einheiten gearbeitet werden, um die Laufgeschwindigkeit zu steigern und so neue Anpassungsprozesse zu triggern.

Grundsätzlich gilt: Solltet ihr aus beruflichen oder familiären Gründen nicht unbegrenzt Zeit haben und bspw. „nur“ drei Läufe pro Woche machen können, sollten diese alle durchaus fordernd sein. Ansonsten sind die Reize für eine dauerhafte Anpassung nicht ausreichend. Idealer sind fünf bis sechs Läufe pro Woche. Diese geben genug Stimuli zur starken Ausdauer-Entwicklung. Dabei sollten max. 20% der Gesamtzeit intensiv sein.

Profis machen übrigens bis zu 14 Einheiten plus Krafttraining pro Woche!

Für Wettkämpfer

Kontinuität bezieht sich ebenfalls auf die geistige Verfassung. Das macht sich vor allem bei Wettkampfläufern bemerkbar, die ihre Fitness mit anderen vergleichen wollen. Denn im Wettkampf kann der Wille insbesondere bei langen Belastungen einen enormen Unterschied machen. Je öfter wir unseren Geist also im Training gestärkt haben, desto leichter wird es uns im Wettkampf fallen. Wie oft haben meine Beine schon aufgegeben und wie oft bin ich doch noch ins Ziel gekommen?! Nur weil mich mein Kopf „getragen“ hat.

Seht also die schweren Tage, an denen ihr kaum aus dem Bett kommt und das Laufen vielleicht auch mal keinen Spaß macht, als mentale Vorbereitung für den Wettkampf. Diese Kontinuität zahlt sich irgendwann aus. Ihr werdet euch erst später im Wettkampf die „Warum?‘-Frage stellen und einfacher durch die schwere Phase durchlaufen.

Kontinuität und Verletzung

Durch Kontinuität bauen wir, wie mittlerweile klar sein sollte, eine Grundlage auf. Und diese geht so schnell nicht verloren, was bei Verletzungen extrem hilfreich sein kann. Das bezieht sich grundsätzlich auch auf unsere Regeneration, die an sich eine Mini-Verletzung darstellt. So positiv sie auch sein mag. Kontinuierliches Training bewirkt also, dass wir Verletzungen besser tolerieren und schneller ausgleichen können.

Nach monatelanger Pause habe ich innerhalb von Wochen wieder zu fast alter Form zurückgefunden (zumindest auf der Straße). Das ist der Unterscheid zwischen mehrjährigem Training und Anfängern. Der Körper „erinnert“ sich an die Belastungen, passt sich schneller wieder an und kann zudem mental besser damit umgehen. Die Anstrengungen sind bekannt, können physiologisch sowie psychologisch eingeordnet und bewältigt werden.

Grund genug

So sehr ein kontinuierliches Training mit wenigen, aber dafür gezielten Pausen an unserem Körper zehrt, es stärkt uns enorm bzw. macht uns resistent ggü. bestimmten Verletzungen. Es lässt uns schneller regenerieren und uns überraschend früh zu alter Form zurückfinden.

Grund genug also, sich regelmäßig vor die Tür zu trauen!!!

Laafts gscheid!

Moritz

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