Sport macht das Immunsystem stark, oder? – Teil II

Nachdem wir uns letzte Woche angeschaut haben wie das Immunsystem funktioniert, werfen wir heute einen Blick darauf wie Sport das Immunsystem beeinflusst.

Der Einfluss von moderater körperlicher Aktivität auf das Immunsystem

Mäßige körperliche Aktivität wird immer wieder in den Zusammenhang mit einer verbesserten Immunität und einer geringeren Infektionsrate gestellt. Verschiedene Studien zeigen Vorteile von mäßiger körperlicher Betätigung auf. Personen die 4 mal in der Woche für 35-45min moderat Sport treiben, haben laut einer Querschnittsstudie ein dreifach geringeres Risiko für Erkrankungen der oberen Atemwege. Zudem wiesen trainierte und aktive ältere Frauen und Männer eine bessere T-Zellen Funktionalität gegen über gleichaltrigen nicht aktiven Mitmenschen auf. T-Zellen sind Zelltypen der Lymphozyten, die der Immunabwehr dienen (siehe letzter Blogbeitrag). Zudem werden durch mäßige Belastung Stresshormone verringert, die ansonsten die Immunität unterdrücken und entzündungsfördernd wirken. Betont wird aber immer, dass es sich um regelmäßige sportliche Betätigung über einen längeren Zeitraum handelt.

Weitere Studien zeigen, dass regelmäßiges Training auch den Alterungsprozess des Immunsystems verlangsamen und teilweise auch stoppen kann. In einer Interventionsstudie konnte beispielsweise beobachtet werden, dass nach einem 12-wöchigem moderaten Kraft- und Ausdauertraining stärker alternde und entzündungsgünstigere Zelltypen verringert werden konnten. Im Vergleich mit anderen Studien geht man davon aus, dass dieses Ergebnis vor allem durch das moderate Ausdauertraining und weniger vom Krafttraining beeinflusst ist, weil bei Untersuchungen mit ausschließlich Krafttraining keine Effekte beobachtet werden konnten. Wie hoch der Nutzen von aerobem Training ist, hängt auch vom anfänglichen Gesundheitszustand ab. Personen mit niedrigerem Gesundheitszustand zeigten nach einem mehrwöchigen Trainingsprogramm größere Veränderungen in den jeweiligen Zellverhältnissen.

Sport und der Einfluss auf den Alterungsprozess des Immunsystems

Auch im Bereich des spezifischen Immunsystems konnte ein positiver Einfluss auf den Alterungsprozess des Immunsystems durch Bewegung aufgezeigt werden. Bei älteren Menschen, die trainiert sind und auch eine lange Trainingshistorie haben, konnte ein entzündungsresistenteres T-Zellen Verhältnis beobachtet werden als bei gleichaltrigen, aber untrainierten Personen. Nach aktueller Studienlage geht man davon aus, dass dies an einer beschleunigten Apoptose, also dem Zelltod älterer Zellen, liegt. Sport fördert den Abbau veralteter und nicht mehr voll funktionsfähigen Zellen. Dies können infizierte Zellen sein oder Zellen, die bereits für eine Immunantwort aktiviert wurden. Gleichzeitig werden idealerweise neue Zellen gebildet, die wieder funktionstüchtig sind. Wenn das Verhältnis von T-Zellen zu proinflammatorisch kippt und somit entzündungsgünstiger ist, kann moderates Ausdauertraining dazu beitragen den Überschuss an älteren und funktionsärmeren Zellen durch Apoptose wieder zu glätten und zu einem entzündungsresistenteren T-Zellen-Verhältnis führen.

Der Einfluss von intensiver körperlicher Aktivität auf das Immunsystem 

Moderate sportliche Betätigung begünstigt also einige positive Effekte auf das Immunsystem. Doch wie sieht es bei intensiven oder längeren Belastungen aus? Schauen wir zunächst auf einen Prozess, der generell während und nach einer sportlichen Einheit passiert. Die Leukozytose.

Eine Leukozytose ist eine Erhöhung der Anzahl von Leukozyten (weißen Blutkörperchen) im peripheren Blut. Zu den Leukozyten gehören Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten (siehe letzter Blogeintrag). Sie sind für die körpereigene Immunabwehr verantwortlich und suchen Krankheitserreger auf, um diese zu beseitigen. Eine Leukozytose kann aber nicht nur durch einen Infekt ausgelöst werden, sondern auch durch körperliche Belastung. Unmittelbar nach einer Belastung fällt die Leukozytenkonzentration unter den Ausgangswert ab. Dieser Zustand kann mehrere Stunden anhalten und wird auch „open window“ genannt. Betroffen sind vor allem NK-Zellen und T-Lmyphozyten. In diesem Zeitraum wird aufgrund einer verminderten Zellfunktionsfähigkeit, die Entstehung von Infektionen begünstigt. Angesichts dieser Tatsache sollten bei einer Trainingsgestaltung ausreichend Regenerationsphasen eingeplant werden.

Bei intensiven Belastungen geschieht die Apoptose, also das Absterben der Zellen, nicht nur bei funktionsunfähigen Zellen, sondern auch bei noch gesunden Zellen. Durch den Rückgang von zyto-toxischen T-Zellen, die für die Bekämpfung von Erregern zuständig sind, ist der Körper anfällig für Viren, die zu diesem Zeitpunkt auch im Körper reaktiviert werden könnten. Mit der Zeit wird die Apoptose aber wieder ausgeglichen ähnlich wie im Fall der Leukozytose. Die meisten Erkrankungen der oberen Atemwege bei Hochleistungssportlern sind allerdings keine wirklichen Infekte, sondern beruhen auf anderen Ursachen wie Asthma, Allergie oder entzündete Schleimhäute. Hinzu kommt, dass Hochleistungssportler, vor allem in Hallen-Teamsportarten sehr häufigen Körperkontakt haben und sich in Menschenmengen aufhalten. Auch Leistungsdruck und ein dadurch entstehendes Stresslevel können zusätzlich das Immunsystem schwächen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass regelmäßige moderate sportliche Betätigung, das Immunsystem stärkt. Auch bei Personen, die ambitioniert und über einen langen Zeitraum Sport treiben, konnte ein positiver Einfluss beobachtet werden. Einen nachhaltigen negativen Einfluss durch zu viel Sport auf das Immunsystem konnte bisher noch nicht aussagekräftig gezeigt werden. Allerdings zeigen mehrere Studien, dass direkt nach einer intensiven oder langen Trainingseinheit das Immunsystem vorübergehend anfälliger ist. Personen, die also sehr häufig trainieren, haben auch sehr häufig Phasen, in denen das Immunsystem anfälliger auf eine Infektion ist. Deshalb sind Regenerationsphasen nicht nur aus trainingstechnischer Sicht wichtig, sondern auch für das Immunsystem, um sich wieder erholen zu können. Das erklärt auch, warum man anfälliger für Krankheiten ist, wenn man in ein Übertraining gerät. Also geht raus und treibt Sport, aber denkt auch daran,  dem Körper die nötige Erholung zu gönnen!

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