Trailschuhe – Was ist wichtig?

Allen Barfußläufern zum Trotz sind Trailschuhe nach wie vor das wichtigste Equipment fast aller Trailläufer!

Zwar setzen wir uns damit auseinander, welcher Schuh am besten passt. Dabei wissen wir allerdings oft erschreckend wenig über die genauen Funktionen, Einsatzbereiche und Schwachstellen. Ein Überblick.

Trailschuhe – Der Unterschied

Trailschuhe sind also wichtig. Soweit sind wir uns wohl einig. Aber auf was müssen wir beim Kauf achten?

Um ehrlich zu sein habe ich mir sehr lange keine Gedanken darüber gemacht. Hauptsache die Form passt halbwegs und nichts drückt. Dabei geht es um so viel mehr.

Beim Laufen in den Bergen, aber auch auf urbanen Trails sind wir den unterschiedlichsten Bedingungen (Wetter, Untergrund, Einheit, Tagesform -> physisch & psychisch) ausgesetzt. Das erfordert mehrere Schuhe, die für verschiedene Bedingungen ausgelegt sind. Denn leider gibt es die eierlegende Wollmilchsau auch am Berg noch nicht. So kommt man schnell auf 5-10 verschiedene Modelle.

Nun denkt sich der ein oder andere: “Mit meinem Allrounder komme ich schon überall zurecht.“

Nun ja. Auf lokalen Trails im Rheinland, eventuell auch noch bei milden Bedingungen im Harz. Spätestens bei Eis und Schnee lässt die Funktionalität allerdings schnell nach und aus Laufen wird Rutschen oder Stürzen. Wir gehen ja auch nicht mit Crocs auf Apshalt laufen. Nun ja, die meisten nicht. Man denke an Benjamin Pachev, der darin einen Halbmarathon in 1:11:54 lief. Übrigens genau meine PB.. 😀

Bei einem Urban-Trail mit 50% Asphalt-Anteil benötige ich also einen anderen Schuh als wenn ich mit der Gondel ins Gebirge hochfahre und erst auf 1.500hm meinen 20km Single-Trail-Lauf auf technischem Gelände starte. Daraus ergeben sich aus meiner Sicht vor allem fünf Hauptkriterien, die wir beachten sollten, wenn das Wetter mal wieder umschlägt oder wir uns auf unterschiedliches Terrain begeben:

  1. Die Passform
  2. Die Sohle
  3. Das Profil
  4. Das Obermaterial
  5. Das Gewicht

Trailschuhe – Die Passform

Natürlich. Die Größe ist das A und O eines jeden Schuhs. Ansonsten gibt es schnell Blasen, Scheuerstellen und auch weniger Halt. Dummerweise fallen die Größen bei jedem Hersteller etwas anders aus. Und sogar verschiedene Modelle eines Herstellers können voneinander abweichen. Die einfache Regel: Einen Daumenbreit vor dem längsten Zeh sollten wir uns schon Platz lassen. Aber Vorsicht! Nicht bei allen Läufern ist das der Große Zeh.

Ist ein passender Schuh gefunden, sollte auch die Schnürung nicht zu eng ausfallen. Sonst gibt es vor allem im steilen Gelände schnell Probleme. Hilfreich ist hier das von vielen Herstellern verwendete und lizensierte Boa-System. Damit ist eine perfekt abgestimmt „Schnürung“ möglich, die sich auch während des Laufs sehr schnell korrigieren lässt.

Die Ferse sollte übrigens festsitzen, unabhängig davon, ob eine Fersenkappe (stabilisiert den Fuß extrem) eingebaut ist oder nicht. Ist eine Fersenkappe vorhanden, sollte darauf geachtet werden, dass diese nicht reibt. Das wiederum ist stark abhängig von der individuellen Fußform.

Grundsätzlich gibt es große Unterschiede zwischen den Herstellern. Nicht nur dabei wie genau bspw. die Größe EU42 ausfällt. Inov-8 ist eher breit geschnitten, Dynafit sehr eng. Da kommt es ein wenig auf Erfahrung an. Aber wenn ihr im Einzelhandel einkauft, lassen sich die Produkte natürlich gut vor Ort testen.

Trailschuhe – Die Sohle

Trailschuhe haben eine deutlich steifere Zwischensohle als Straßenschuhe. Das schützt den Fuß vor kleinen Steinen und gibt ihm in Laufrichtung mehr Stabilität auf weichem Untergrund. Zudem ist sie breiter geschnitten. So bekommen wir mehr Halt im schwierigen Gelände. Auch die Dicke spielt eine Rolle. Sie kann uns vor Steinen schützen und dämpft allgemein den Aufprall. Hoka war einer der Vorreiter in diesem Bereich und hat die Technologie zur Marktreife gebracht.

Teil der Sohle ist evtl. eine sogenannte Pronationsstütze. Hier ist Vorsicht geboten. Denn viele Laufschuhberater empfehlen bereits bei einem minimalen Einknicken des Fußes nach innen (Pronation) eine solche Stütze. Dabei kann dies oft und vor allem auch nachhaltiger mit leichtem Krafttraining für das Fußgewölbe behoben werden. Bei extrem ausgeprägter Pronation (Gegenteil: Supination) kommt einfaches Krafttraining aber an seine Grenzen. In dem Fall sind eine individuelle Beratung und eine Laufanalyse unausweichlich.

Bei der Sprengung, auch Drop genannt, sparen Trailschuhe oft im Vergleich zum Straßenschuh. Das beschreibt den Höhenunterschied zwischen Ferse und Ballen, wenn man im Schuh steht. Mit einer flacheren Sprengung erzeugt man mehr Gefühl für den Untergrund, was beim Traillauf logischerweise wichtiger ist als auf Apshalt.

Trailschuhe – Das Profil

Das Profil ist stark abhängig vom Untergrund, auf dem ihr unterwegs seid! Die wichtigste Frage sollte also sein: Wo gehe ich mit dem Schuh laufen? Bin ich auf urbanen Trails, im Wald, am Berg, auf einfacher Wiese unterwegs?

Ein noch viel wichtigeres Kriterium ist das Wetter! Hat es geregnet? Regnet es aktuell? Neigt mein Trail dazu, schlammig zu werden oder bleibt er fest? Bin ich nur kurz im Schlamm, oder lange? Es gibt viele Fragen zu beantworten, die für die Schuhwahl entscheidend sein können. Sind Teile vom Trail gefroren, benötige ich evtl. Spikes oder Grödel. Denn durch das grundsätzlich tiefe Profil sind Trailschuhe auf Eis meist rutschiger als normale Laufschuhe. Deswegen gibt es sowohl noppenartige und direkt integrierte Spikes (auch laufbar auf Asphalt), als auch welche zum über die Schuhe ziehen (noppenartig sowie lang und spitz).

Sogar die Tageszeit kann eine Rolle spielen. Denn einige von uns benötigen im Dunkeln griffsichere Schuhe als im Hellen. Die Sicht ist eingeschränkt und die Trittsicherheit kann trotz Stirnlampe stark abnehmen.

Das Profil eines Trailschuhs sollte sich in jedem Fall von einem Straßenschuh abheben. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es tiefer geschnitten und somit auf weichem, unsicherem Untergrund griffiger ist. Manche Hersteller haben sich speziell darauf spezialisiert. Aber den perfekten Schuh für rutschige Steine werdet ihr auch heutzutage im Laden noch nicht finden.

Trailschuhe – Das Obermaterial

So wichtig die Sohle auch sein mag. Regen, Schnee etc. kommen ja bekanntlich von oben. Deshalb spielt das Obermaterial eine immens wichtige Rolle.

Muss ein Trailschuh also wasserdicht sein? Bei langen Läufen im Schlamm, Matsch, Schnee etc. ist das durchaus empfehlenswert. Nachteil: man schleppt deutlich mehr Gewicht und ist im Schuh weniger flexibel. Ein weiterer Nachteil ist, dass, sobald einmal Wasser im wasserdichten Schuh ist, es nicht mehr entweichen kann. Wasserdichte Schuhe sind also lustiger weise eher hinderlich, wenn wir durch knöcheltiefe Pfützen laufen.

Ähnlich wie bei Straßenschuhen ist die Kombination mit passenden Socken entscheidend. So umgehen wir Scheuerstellen. Spezielle Schuhe für den Winter sollten demnach etwas größer gekauft werden, damit dicke Winterlaufsocken genug Platz finden.

Der Schuh-Schaft, Übergang von Obermaterial zum Fuß/Bein sollte ohne zu reiben eng am Fuß ansitzen. So ist genug Stabilität vorhanden und wir „schwimmen“ nicht. Die Krux: Stabilität des Knöchels. Wir brauchen auf der einen Seite einen festen Schuh, damit wir nicht umknicken. Eine Form bis über den Knöchel nimmt uns auf der anderen Seite aber die Bewegungsfreiheit, die nötig ist.

Trailschuhe – Das Gewicht

Wer ein richtiger Trailläufer sein will, achtet selbstverständlich auch auf das Gewicht. Jedes Gramm zählt!

Dabei können wir uns merken: Je länger die Laufstrecke bzw. Dauer unseres Laufs, desto schwerer sollte der Schuh sein. Das gilt im Grundsatz für Anfänger, wie für Profis. Allerdings unterscheidet sich das Gewicht in der Realität bei vergleichbarer Strecke immens. Während ein Profi je nach Strecke bei 150-220g liegt, bevorzugen Laufanfänger eher Schuhe mit 250-300g.

Grundsätzlich ist das Gewicht des Schuhs abhängig von Körper- sowie Schuhgröße. Dazu kommt: Je schwerer und stabiler der Schuh, desto weniger Belastung für die Füße. Das kann man sich leicht merken. Profis kommen daher bei einem Marathon mit deutlich minimaleren Schuhen klar, da deren Füße vom Training deutlich kräftiger sind.

Wichtiger als das Gewicht ist allerdings die Funktion (Stabilität, Dämpfung) des Schuhs. Deshalb gehen aktuelle Entwicklungen (siehe Vaporfly von Nike) dahin, dass sehr leichte Schuhe mit hoher Funktionalität den Markt erobern. Das Material der Wahl ist dabei oft Carbon. Somit kann Gewicht eingespart werden, ohne dass Stabilität eingebüßt wird und sich die Verletzungswahrscheinlichkeit erhöht.

Hands-On Taktik

Leider lassen sich Laufschuhe online nicht so gut einschätzen wie bspw. ein Fernseher. Oft kommen wir um ein Anprobieren und Testen nicht herum. Die positive Begleiterscheinung: So können wir bereits vor dem Kauf einschätzen wie das Produkt an unserem Fuß sitzt, es evtl. Reibungsstellen gibt und ob wir uns sicher darin fühlen. Und nichts geht am Berg über ein gutes Gefühl!

Laafts gscheid!

Moritz

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