Schlau Pausieren – Regeneration & Superkompensation

Erholung!? Oder doch: viel hilft viel?

Viele von uns, und ich habe lange dazu gehört, sind der Überzeugung, dass wir ausnahmslos durch Training besser werden. Ergo, mehr Training gleich höhere Fitness. Falsch. Warum Pausen ein wichtiger Teil des Trainings sind.

Erholung als Teil des Training?

Was ist Training überhaupt? Um es simpel auszudrücken, sportliche Bewegung ist nicht gleich Training. Als eigentliches Training bezeichnen wir demnach nur jene Einheiten, die unseren Körper über seinen Status Quo hinaus fordern. Beispiele dafür sind Intervalle oder Tempoläufe. Leichtes Joggen eines Marathonprofis bspw. ist kein Training im eigentlichen Sinn, da es keinen Reiz setzt, sondern lediglich der Erholung dient. Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass Bewegung ohne Reiz grundsätzlich sinnlos ist. Erholung ist, wie hoffentlich jeder bereits weiß, immens wichtig, damit unser Körper regenerieren kann.

Im Training wiederum machen wir faktisch Strukturen in unserem Körper kaputt und werden dadurch zunächst schwächer. In der (hoffentlich) anschließenden Regenerationsphase erholen wir uns und geben unserem Körper die Zeit, diese Strukturen eigenständig wieder zu reparieren und darüber hinaus Anpassungsprozesse in Gang zu werfen. Wir setzen also einen Reiz und passen uns an (schneller, kräftiger, ausdauernder, etc.).

Diese Anpassungsprozesse sind es, die uns ultimativ von den harten Einheiten profitieren lassen und uns zu einem besseren Athleten machen.

Erholung – das richtige Maß

Unser Training kann also nur erfolgreich sein, wenn wir das richtige Maß an Erholung einbauen. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Aber was ist nun das richtige Maß?

Nun ja, dafür kann ich euch hier keine Faustformel geben. Grundsätzlich geht es um viel Erfahrung und natürlich im Idealfall um die Zusammenarbeit mit einem geschulten Trainer, der eure Ermüdungsmerkmale evtl. besser erkennt also ihr selbst. Dafür haben wir heutzutage Messwerte, die wir unproblematisch mit neuen Laufuhren festhalten können. Insbesondere unser Puls kann immens viele Rückschlüsse darauf zulassen wie es uns geht.

Erholung kann zudem vor und nach einer Einheit wichtig sein. Kommen wir bspw. extrem gestresst aus der Arbeit und wollen am Abend noch unseren Longrun rein drücken, kann es sein, dass uns diese Einheit eher schadet als hilft. Ebenso verhält es sich nach einer Intervalleinheit. Drücken wir ein paar Stunden später noch einen anaeroben Schwellenlauf rein, kann uns das evtl. sogar stark zurückwerfen.

Das Bedürfnis nach Erholung und Pause ist extrem individuell. Dabei kommt es nicht nur auf Erfahrung und Trainingsstatus an, sondern auch auf das Alter, unser soziales Umfeld, etc. Ein 25-Jähriger Profisportler ohne Kinder kann ein Mittagsschläfchen halten, sich gezielt ernähren und sogar entscheiden, zu welcher Uhrzeit sein Training stattfindet. Die meisten von uns aber haben einen Vollzeitjob, Familie, tausend weitere Verbindlichkeiten und benötigen deshalb deutlich mehr Erholungszeit.

Superkompensation

Das Zauberwort für eine gezielte Leistungssteigerung heißt Superkompensation. Sie ist die Reaktion auf einen Trainingsreiz und ergibt sich im Idealfall nach einer Erholungsphase. Im Umkehrschluss bedeutet das: keine Erholung und keine Pause, keine Superkompensation.

Aber was wird hier eigentlich kompensiert? Unser Körper erholt sich in seiner Ruhephase während der Pausen nicht nur (das wäre weiterhin Status Quo), sondern reagiert mit einer Strategie für die Zukunft. Um für weitere Extrembelastungen im Training gewappnet zu sein wird er also leistungsfähiger als vorher. Die Logik dahinter ist eigentlich, dass wir somit entspannter durch die nächsten Einheiten kommen. Dumm nur, wenn der Körper nicht damit rechnet, dass wir noch besser werden wollen. 😉

RegenerationErholungsphase

Die Superkompensation beschreibt also ein Mehr an Leistungskraft, das uns nach dem Trainingsreiz zur Verfügung steht. Hier ist es immens wichtig zu lernen, wie lange die Erholungsphase sein muss. Nur dann können wir die Superkompensation ideal ausreizen.

Bei normal intensivem Training reicht evtl. der Schlaf in der folgenden Nacht bereits als Regenerationsphase aus, wenn wir bereits ein hohes Trainingslevel haben. Bei einem hochintensiven Training kann es wiederum mehrere Tage dauern, bis wir wirklich im Kern erholt sind. Ein großer Trainingsblock über Wochen kann den Erholungsprozess ebenfalls über mehrere Wochen hinauszögern. Selbstverständlich bewegen wir uns auch in dieser Zeit. Aber bewusst entspannter.

Identisch verhält es sich bei Wettkämpfen. Unser Training über mehrere Monate hinweg verhält sich analog zu einer Klimax, mit unserem Rennen als Höhepunkt. Das Ziel eines jeden Trainers ist es also, uns am Wettkampftag auf den Punkt genau fit am Start zu sehen. Wir haben Tage, Wochen und Monate wiederholt die Reihenfolge von Training, Pausen & Erholung und kleineren Superkompensationen durchlaufen, um nun unsere maximale Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen zu können.

Von einem 10er erholen wir uns schneller als von einem 100-Meiler. Klar. Ruhe bzw. Geduld ist dann gefragt. Denn unser Kopf sowie unsere Muskulatur erholen sich schnell. Aber die Tiefenregeneration, welche vor allem eine energetische Komponente hat, nehmen wir im Alltag nicht wahr. Sie benötigt deutlich mehr Zeit. Ein Marathon am Limit kann uns 3-4 Wochen in den Knochen stecken, obwohl wir vielleicht nach 4 oder 5 Tagen schon wieder das Bedürfnis verspüren, schnell zu laufen.

Logisch: je fitter wir sind, desto schneller können wir auch regenerieren. Unser Körper lernt, dass er ab und zu mit Laktat umzugehen hat. Superkompensation bedeutet also nicht nur, dass wir besser werden als vorher, sondern dass wir dies auch schneller tun.

Vorsicht Übertraining

Die große Gefahr ist eher selten ein sehr hoher Trainingsreiz. Meist ist es eine zu kurz geratene Regeneration, die uns bei eigentlich idealem Training stagnieren lässt. Die Leistung wird nicht besser, weil der Körper nicht genug Zeit für die Anpassungsprozesse bekommt.

Sogar ein Leistungsabfall ist möglich, wenn wir uns zu wenig Pausen gönnen. Wir starten damit einen Teufelskreis. Die meisten von uns kompensieren interessanter Weise schlechte Trainingsergebnisse mit noch härteren Einheiten. Das Paradoxe daran ist, dass wir so, trotz noch höherer Trainingsreize, Fitness abbauen. Aus diesem Loch herauszukommen kann Monate dauern. Ich habe es selbst erlebt.

Es ist unmöglich immer genau zu wissen, wie viel Trainingsreiz uns tagesgenau noch gut tut. Und jeder hat mal Rückschläge bei diesen Anpassungsprozessen. Das ist ok. Man muss sie nur erkennen und schnell handeln. Stehen wir beispielsweise mehrere Tage in Folge mit einem Ruhepuls von 60 auf, obwohl wir eigentlich bei 45 liegen sollten, lässt das auf leichtes Übertraining schließen (falls es bspw. keine Erkältung ist). Die Konsequenz ist klar: wir brauchen eine Pause!

Erholung durch aktive Regeneration

Zum Glück bedeutet Regeneration nicht unbedingt still zu sitzen (erinnere dich an Training vs. Bewegung aus dem ersten Absatz). Na klar, manchmal muss auch mal ein echter Ruhetag sein. Faulenzen, Schlaf, gutes Essen. Meistens jedoch ist leichter Sport sinnvoll, damit wir uns noch schneller erholen. Ich rede vom Fahrradfahren im Schnecken-Tempo, Schwimmen kurz vorm Ertrinken aufgrund minimaler Armbewegungen, oder Laufen, das Gehen zum Verwechseln ähnlichsieht. Hauptsache entspannt.

RegenerationTipps zur Erholung

Und wie erhole ich mich nun am besten? Wie gesagt, das ist sehr individuell. Aber ein paar Tipps möchte ich euch auch dieses Mal wieder gerne an die Hand geben:

  • Schlaf
    • Nicht nur viel, sondern auch guter Schlaf ist immens wichtig für unsere Erholung. Den Meisten reichen 7-9 Stunden.
  • Ernährung
    • Gute und zeitlich angepasste Nahrung gibt uns die nötige Kraft. Bspw. Kohlenhydrate und Proteine innerhalb von 15 Minuten nach einer fordernden Einheit um die Reparaturprozesse anzuwerfen.
  • Aktive Regeneration
    • Leichtes Joggen, spazieren gehen, Schwimmen oder Fahrrad fahren helfen unserem Körper oft, Reparaturprozesse schneller anzuwerfen. Wichtig ist nur, dass ihr dabei wirklich tiefenentspannt seid.
  • Ruhetage
    • Wie bereits erwähnt ist manchmal auch aktive Regeneration nicht genug. Komplette Ruhetage (1x alle 7 bis 10 Tage) bringen euch evtl. auf ein neues Level.
  • Massage/Physio
    • Unterstützende Maßnahmen wie Massagen oder ein Besuch beim Physio dürfen natürlich auch an Ruhetagen stattfinden. Ein warmes Bad oder eine Dampfsauna können ebenfalls Wunder wirken.
  • Wenig Stress
    • Wenig Stress im Alltag hat Einfluss auf so viele Sachen. Unsere Schlafqualität nimmt ab, wir verdauen deutlich schlechter, werden krank. Unser soziales Umfeld können wir uns natürlich nicht immer aussuchen, Auszeiten davon aber schon.
  • Wenig Alkohol, Kein Nikotin
    • Eigentlich ein No-Brainer. Aber ich spreche es dennoch an. Umfangreicher Genuss von Alkohol sowie Nikotin werden immens schlechte Auswirkungen auf eure Regenerationsfähigkeit haben und dementsprechend eine Superkompensation verhindern. Aber gönnt euch ruhig auch einmal. Ein Feierabendbier darf sein. Im Idealfall trinkt ihr es aber nicht direkt nach dem Sport, sondern zunächst Wasser oder einen Protein-Kohlenhydrat-Shake.

Fazit

Das Fazit fällt heute kurz aus.

Training und gezielte Regeneration führen im Idealfall zur Superkompensation. Versteift euch also nicht darauf, immer mehr und härter zu trainieren. Auch Pasen gehören zum Training. Ohne die nötige Erholung werdet ihr eventuell sogar leistungsschwächer.

Die nötige Aufklärung, Unterstützung und Kontrollinstanz kann sicherlich ein guter Trainer leisten bzw. sein.

 

Laafts gscheid!

Moritz

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