Die zwei Tabusätze eines Trainers? 1. „Meiner Meinung nach…“ 2. „Bei mir hilft…“
Wieso? Weil sie Subjektivität und Voreingenommenheit bedeuten. Was könnte man auch erwidern, wie könnte man die Aussage widerlegen. Ein bisschen besser ist dagegen „Bei XY klappt folgendes…“ oder „XY macht das auch so…“, immerhin zeugt dies von einem gewissen Blick über den Tellerrand. Zu besseren Ergebnissen führt das jedoch nicht wirklich.
Ja, natürlich ist das einfach jemanden stur zu folgen, einer „Glaubensrichtung“, ohne eigene Erfahrungen zu machen, oder schlimmer noch, ohne Gegenmeinungen zu hören und zu lesen. Facebook macht es uns aber auch einfach. Jeder bekommt nur die Meinungen seiner Freunde, nie seiner „Glaubensfeinde“ zu hören. Man könnte glauben, es fehle vielen an Zugehörigkeit. Die deutsche Vereinsmeierei ist mitnichten ausgestorben.
Dabei gibt es zu jedem Beispiel auch das passende Gegenbeispiel, sonst wäre ein Bekenntnis zu einer Richtung unnötig. Ich will mal ein paar Beispiele nennen:
Veganer Scott Jurek – Bad Eater Jim Warmsley
Luna Sandals – Hoka One One
Tabata – Phil Maffetone
Low Carb Paleo – 80/10/10
Maximal Strength – Body weight Training
Mir fallen noch so viele weitere Beispiele ein und ich hab echt alles schon ausprobiert. Alles hat übrigens seine Berechtigung, wäre es totaler Quatsch, wäre eine Bekenntnis dagegen nämlich genauso unnötig.
Bezüglich des Marketings ist es natürlich ein Geschenk eine Gruppe Gläubiger um sich zu sammeln. Sie kaufen unkritisch, verbreiten das eigene Credo und sind meist fundamentaler als die Hersteller selbst. Niemand würde damit Geld verdienen, wenn er sagt, naja so uneingeschränkt funktioniert unser Produkt auch wieder nicht…
Aber wäre es nicht besser aus den Vorteilen aller Produkte und Richtungen das Beste zu nehmen und auch zu akzeptieren, dass es Schwächen hat? Nehmen wir mal die Luna Sandals und die Hokas, die sich scheinbar nicht vereinbaren lassen. Ich habe beide im Schrank, zusammen mit vielen anderen Arten von Schuhen. Die Lunas sind klasse, um meine Technik zu verbessern, um ein Gefühl für den Boden zu entwickeln. Ich wünschte ich könnte barfuß über alle Berge laufen! Kann ich damit 140km in der Woche laufen? Nein, ich kann das nicht und wenn, dann würde ich vermutlich mit Hokas 160km laufen können. Gerade habe ich eine Prellung meiner Ferse: Hoka Zeit, da müssen die Lunas leider im Schrank bleiben.
Anderes Beispiel: Ich befinde mich gerade in einer Phase ohne wichtige Wettkämpfe mit großem Umfang. Schaffe ich das mit Low Carb Ernährung? Ich zumindest nicht, aber ich nehme so leider etwas zu, also reduziere ich die Kohlenhydrate wieder zum Wettkampf hin. Mache ich Maximal Strength Training mit schweren Gewichten in der Zeit von intensivem Tempotraining? Natürlich nicht, sonst sind die Beine ständig völlig blau. In einer Zeit hohen langsamen Umfanges schaffe ich dafür eher eine harte schnelle Tabata Einheit, als noch 2 Stunden Haltübungen zu machen etc.
Mach dir alle Vorteile zu nutze und hole für dich das Beste raus. Klar hast du danach weniger Ausreden und kannst nicht sagen: “Mit Schuhe wäre ich auch besser!” Aber vielleicht brauchst du dann auch keine Ausreden mehr?!
Schränke Dich durch dein Glauben nicht ein! Andere Mütter haben auch schöne Töchter und andere Hersteller auch schöne Schuhe. Wenn du nicht unbedingt bekannt werden möchtest und die einzige Chance nur darin siehst, der schnellste „low varb vegane barfüßige Yogi Wüstenläufer“ zu werden, dann öffne deinen Blick! Ich bin übrigens Vegetarier, nicht weil Fleisch schlecht für das Training ist, oder weil Arne Gabius auch Vegetarier ist, weil ich es auch ethischen Gründen vertrete, da bin ich eisern und lasse keine andere Meinung zu 😉
Begriffsklärung:
Hallo Michael, toller Artikel!
Unterhaltsam geschrieben und ermuntert zur Selbstreflexion, ganz ohne Zeigefinger. Danke!