Individuelles Krafttraining

Na, fühlt ihr euch ertappt? Individuelles Krafttraining ist ja so eine Sache. Viele von euch wissen, dass es für Läufer irgendwie gut ist. Das schon.

„Aber wie und was genau soll ich machen? Und wo kriege ich Motivation dafür her? Dann lieber doch nicht. Ich habe ja aktuell keine Probleme..“

Von der Schwachstelle zum Problem

Ok. Konkrete Probleme habt ihr aktuell vielleicht nicht. Das ist gut! Aber jeder, absolut jeder von uns, inkl. Kilian, Jim und François, haben Schwachstellen. Und daran lässt sich arbeiten, bzw. daran sollte gearbeitet werden.

Denn Schwachstellen können zu Problemen werden, insbesondere, wenn wir unserem Körper viel abverlangen. Das gilt für Laufanfänger genauso wie für Profis. Bei beiden Spezies muss der Körper mit extremen Reizen kämpfen. Es ist kein Zufall, dass wir in Zeiten von immer mehr sozialen Medien auch ein exponentielles Wachstum von langwierigen Verletzungsgeschichten wahrnehmen. Diese gab es vorher auch schon, sie waren nur nicht so sichtbar.

Das Gute ist, sie lassen sich oft verhindern. Denn solange keine strukturellen Probleme vorliegen, kann bei genug Motivation und Durchhaltevermögen zum Glück fast alles gelöst werden.

Schwachstellen werden meist langsam und unauffällig zu Problemen. Denn unser Körper ist ein Meister darin, zu kompensieren. Somit bemerken wir unsere Schwachstellen erst, wenn sie uns effektiv Probleme bereiten. Das hat leider fast immer mit Schmerzen zu tun. So signalisiert uns unser Körper, dass er nicht mehr in der Lage ist, weiter zu kompensieren. In diesem Sinne sind Schmerzen, die nicht auf einen konkreten Sturz o.ä. zurückzuführen sind, ein Signal für eine Baustelle, die schon lange präsent war.

Also höchste Zeit etwas dagegen zu tun! Wo setzen wir an? Am besten am Ursprung.

Individualität beim Krafttraining

Ein Standard-Krafttraining für Läufer ist per se zu unterstützen und sicherlich sinnvoll für eine allgemeine Kräftigung des Körpers. Wir sprechen hier von Grundlagen (Planking, Kniebeugen, et.).

Es kann uns allerdings nur selten, und dann eher zufällig, bzgl. unserer Schwachstellen helfen. Wir vergeuden also oft unsere Zeit, da es einfach nicht effektiv ist. Ein individuelles Krafttraining 2x pro Woche über 60min kann alle unsere Probleme lösen, während allgemeines Training 5x die Woche über 60min evtl. gar keinen Nutzen bringt.

Wir benötigen also einen speziell ausgearbeiteten Trainingsplan. Denn individuelles Krafttraining kann auf der einen Seite schmerzende Spannungen abbauen und auf der anderen Seite stabilisierende Spannungen aufbauen. Aber dafür ist Feinjustierung gefragt.

Analyse

Solltet ihr also bereits Schmerzen haben, ist der Gang zum Physio ein Muss. Hier kann euch bzgl. der Ursache des Schmerzes Auskunft gegeben werden. Denn nicht jeder Schmerz im Knie ist auch dort entstanden. Aber dazu später mehr. Kennt ihr also die Ursache des Schmerzes lässt sich konkret daran arbeiten.

Solltet ihr aktuell keine Schmerzen haben (knock on wood), lohnt sich eine Kraft-/ Stabilitätsanalyse. Diese kann ein gut ausgebildeter Trainer mit euch durchführen. Dabei wird analysiert, ob es auffällige Dysbalancen und Kraftunterschiede gibt. Zudem kann eingeschätzt werden, ob ihr generell zu wenig Körperspannung habt um z.B. ständiges Downhill-Laufen ordentlich auszugleichen.

Umsetzung in der Praxis

Sobald ihr gemeinsam mit Physio/Trainer analysiert habt, was euch fehlt, kann ein Trainingsplan aufgesetzt werden.

Ähnlich wie bei Intervallen sollte uns das individuelle Krafttraining nicht überfordern. Fordern ja. Aber wir müssen nicht notgedrungen am Ende der Session komatös und zitternd in Fötushaltung am Boden liegen.

Mit 2-3x einer Stunde pro Woche können wir viel erreichen. Wichtig dabei ist: die erste Session am Tag ist die effektivste. Sprich, solltet ihr noch einen Lauf geplant haben, kümmert euch zunächst um die Krafteinheit, wenn das euer Fokus ist.

Bei der Analyse habt ihr eure Schwachstellen festgestellt. In der Umsetzung ist es nun wichtig, dass ihr nicht nur an der Schwachstelle allgemein arbeitet (bspw. schwache Gesäßmuskulatur), sondern dass ihr zudem den Fokus auf die schwächere Seite legt (und die gibt es eigentlich immer). Bei drei Sets würdet ihr dementsprechend 2 Sets mit der schwachen und ein Set mit der starken Seite ausführen.

Die schwersten Übungen führt ihr am besten am Anfang aus. Damit ermüden ihr die Muskulatur direkt, und vermeintlich leichte Übungen im Anschluss werden ebenfalls fordernd.

WICHTIG: langsame Ausführung der Übungen beachten, nicht zu lange pausieren und niemals nur eine Seite trainieren!

Geduld und Vertrauen wie beim Zähneputzen

Während wir beim Lauftraining schon nach 1-2 Wochen konkrete Leistungssteigerungen wahrnehmen können, lässt der Effekt des individuellen Krafttrainings etwas auf sich warten. Ein erhöhter Muskeltonus ist aber schon nach der ersten Session festzustellen, was uns ein besseres Gefühl beim Sport gibt. Ein(e) effektive(r) Kraftsteigerung/Kraftausgleich wiederum, insbesondere bei ausgeprägten Dysbalancen, findet wahrscheinlich erst nach 3-4 Monaten oder später statt. Das mag demotivierend sein. Beim individuellen Krafttraining ist leider Geduld gefragt.

Der Mehrwert liegt vor allem in der Prävention von Verletzungen. Positiv ist es also, wenn ihr nichts spürt. 

Ich vergleiche es gerne mit Zähneputzen. Ihr putzt die Zähne ja nicht, weil ihr schon Löcher habt, sondern weil ihr Karies vermeiden wollt. Versucht identisch über Krafttraining zu denken.

Konkretes Beispiel

Nehmen wir als konkretes Beispiel mich. Das Fallbeispiel kenne ich nun mal am besten. 

Mich plagen seit etwa 2 Jahren immer wieder verschiedene Knieprobleme auf beiden Seiten. Ein direkter Zusammenhang ist nicht direkt erkennbar und die Symptome sind wechselnd. Trigger der Schmerzen war eine harte Prellung der rechten Patella im September 2018.

Aber war die Prellung auch die Ursache? Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Sie war wohl nur der Auslöser. Jahre lang war ich extreme Umfänge und Höhenmeter gelaufen, ohne auch nur eine Minute an Krafttraining zu verschwenden. Selbst Schuld.

Mein Körper kompensierte deswegen seit Jahren, was aufgrund meiner hohen Fitness und durchaus existierenden Kraft lange gut ging. Und dann kam der Trigger. Kompensation war nicht mehr möglich, Schmerzen folgten.

Oft gehen Knieprobleme wie das Runners-Knee auf Schwächen in der Hüfte, im Hintern oder auf den unteren Rücken zurück (Piriformis, Ischias Nerv, Glutaeus Minimus, Latissimus Dorsi etc.). So auch bei mir. Unzählige Analysen ergaben, dass beide Knie absolut in Ordnung waren. Keine Abnutzungserscheinungen, keine Verletzungen. Die dort liegenden Schmerzen waren in meinem Fall lediglich das Ergebnis einer völlig vernachlässigten Beckenstabilisation, wodurch ich leicht nach innen einknickte und die Bänder unterschiedlich belastet wurden.

Mein Krafttraining

Das Positive: Es lässt sich konkret mit bestimmten Gesäß- sowie Rückenübungen bearbeiten.

Erste Versuche, mein Krafttraining mit meinem (ehrlicher Weise überschaubaren) Wissen zu gestalten, gingen schief. 4-6x die Woche war ich im Fitnessstudio und habe mich gequält. Mit wenig Erfolg. Mein Ansatz war einfach nicht individuell genug.

Die Konsequenz war individuelles Krafttraining von Michael Arend Training, das ich euch gerne vorstellen möchte.

WICHTIG: bitte übernehmt diese Session nicht einfach blind, denn sie ist spezifisch für mich und meine Problematik konzipiert. Negative Konsequenzen kann es eher nicht haben. Aber die Chancen sind groß, dass sie euch nicht helfen und ihr Zeit vergeudet. Individualität ist das Stichwort. Lasst euch beraten!

Meine Kraftsession:

  • 1 Stunde Dauer
  • 2-3x pro Woche
  • 7 Übungen
  • 3-4 Sets pro Übung
  • 2min pro Set und 30sec Pausen

Meine individuellen Übungen:

  • 1 Bulgarian Split Squat
  • 2 Dynamische Brücke mit Ball
  • 3 Einbeinbrücke
  • 4 Hüftaußenrotation Vierfüßerstand
  • 5 Beckenabsenken
  • 6 Krabbengang mit Theraband
  • 7 Hüftaußenrotation mit Theraband

Verschiedene weitere Krafttrainings findet ihr hier.

Krafttraining – Fazit

Individuelles Krafttraining macht für jeden, absolut jeden Sinn. Es ist nicht nur zur Problembekämpfung wichtig, sondern dient insbesondere der Schwachstellenegalisierung sowie der Verletzungsprophylaxe.

Individualität ist dabei ebenso wichtig wie beim Lauftraining. Lasst analysieren, wo eure Schwachstellen liegen und arbeitet gemeinsam mit einem Trainer den Schlachtplan aus.

Dann steht „ewigem“ Laufspaß bis ins hohe Alter kaum noch was im Weg.

Laafts gscheid!

Moritz

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